Die Landfrauen in Griechenland

 

Freundschaft ist das schönste Geschenk, das die Götter den Menschen verliehen

(Marcus Tullius Cicero)



Unter diesem Motto und auf Einladung des Frauenvereins aus unserer Partnergemeinde Ormenion, fanden sich, allen bösen Omen zum Trotz (Fluglotsenstreik in Griechenland + erneute Aschewolke aus Island) am Donnerstag, dem 06.05.2010  16 reiselustige Frauen am Bahnhof in Kirchheim ein. Die Abfahrt erfolgte planmäßig, doch schon in Stuttgart am Hauptbahnhof hatten wir die ersten Verluste zu verzeichnen, als vier von uns nicht rechtzeitig in die S-Bahn zum Flughafen einstiegen. Am Flughafen fanden sich dann alle wieder, aber schon gab es beim Einchecken die nächsten Turbulenzen. Durch einen Computerfehler waren unsere Koffer nicht extra ausgewiesen. Doch nach einigen Telefonaten und einem Glas Sekt, konnten wir schließlich bei strömendem Regen den Flieger besteigen und nichts konnte uns mehr aufhalten.


„Griechenland wir kommen“

Über den Wolken empfing uns schon die Sonne (wenn Engel reisen!) Und als wir in Kavala landeten, war es sommerlich warm und die leichte Bewölkung, die sich zuerst zeigte, musste Sonnenschein weichen.

Am Flughafen wurden wir von Triantafilos mit dem Bus abgeholt und nach 4-stündiger Fahrt erreichten wir schließlich Dikia. Hier trennten sich unsere Wege für kurze Zeit. Die Jüngsten aus der Gruppe waren Privat in Ptelia untergebracht, während der Rest nun die Zimmer im Hotel bezog. Der Abend stand zur freien Verfügung.

Die Jüngsten waren für die Beschaffung der Linsen und Würstchen verantwortlich, die wir telefonisch bei Annas Schwester in Orestiada bestellt hatten. Der Rest machte sich auf dem Weg in den Ort um etwas zu essen. Noch etwas unschlüssig standen wir auf der Straße, als plötzlich die Tür vom Supermarkt aufging und eine Frau aufgeregt herausrannte und rief: „Wo ist meine Anna! Wo ist meine Anna!“ Es war die Tante von unserer griechischen Begleitung, die aber zu dieser Zeit ja in Orestiada war. Die Freude der Anna-Tante über den Besuch aus Deutschland war so groß, dass sie, als sie hörte, dass wir essen gehen wollten uns spontan einlud mitzukommen. Ihr Sohn hätte eine Metzgerei im Ort und nebenan befand sich eine Wirtschaft, die sofort bereit war die ausgesuchten Fleischstücke für alle zuzubereiten. Bei Bier, Brot, Salat und Bifteki durften wir hier die Gastfreundschaft und Freude der Menschen zum ersten Mal erleben.

Es wurde ein langer und lustiger Abend, und auf dem Heimweg mussten wir noch eine kleine Pause auf dem örtlichen Spielplatz einlegen, um unseren kindlichen Trieb freien Lauf zu lassen.

Müde von dem langen Tag und den ersten Eindrücken von Land und Leuten fielen wir ins Bett.

 

 

 

 

 



 

 

Tag 2 (Freitag)

Am Freitag nach dem Frühstück waren wir bei strahlendem Sonnenschein eingeladen zur Einweihung des Gesundheitszentrums von Dikia.

Bischof, Bürgermeister, Ärzte und Schwestern, Vertreter der Armee, das griechische Fernsehen und die Landfrauen waren vertreten.

Nach dem offiziellen Teil, führte uns Schwester Chrisula von der gyn. Abteilung in perfektem Deutsch, bei laufendem Betrieb, durch Haus.

Chirurg. Abteilung, Hebamme, Kinderarzt, Zahnarzt und Allgemeinmediziner haben hier ihre Räumlichkeiten.

Die Schwestern haben nicht nur die Aufgaben sich um die Patienten zu kümmern, sondern sind ebenso für die Pflege und Reinigung der Räumlichkeiten und der Außenanlagen zuständig.

Da staunten wir nicht schlecht.

Nach einem kurzen Umtrunk ging es dann zum offiziellen Empfang ins Rathaus beim Bürgermeister Emanouil Chatzipanajiotou.

Hier wurden wir herzlich willkommen geheißen und der Bürgermeister übermittelte uns die große Freude der Büger von Dikia und Umgebung über unsern Besuch. Danach überbrachte Frau Kley, die Vorsitzende der Landfrauen, Grüße von Frau Bürgermeisterin Chef und der Gemeinde Gemmrigheim und sprach unseren Dank aus für den herzlichen Empfang. Dann stellte sie uns als Landfrauenverein vor. Als Gastgeschenke übergaben wir das Wappen von Gemmrigheim, ein Buch vom Kreis Ludwigsburg sowie eine Weinkaraffe.

Nun hatten wir Zeit zum Bummeln. Unsere Ankunft hatte sich schon wie ein Lauffeuer verbreitet und so trafen wir unterwegs viele „griechischen Alt-Gemmrigheimer“. Die Freude war riesengroß.

Um 17 Uhr fand dann die Pflanzung der Weinreben, die wir aus Gemmrigheim mitgebracht hatten, auf dem Acker von Triantafilos statt.

Zu jedem Weinstock schenkten wir den dazugehörigen Wein aus. Frauen von Frauenvereinen aus der Umgebung und Bürger aus Ormenion, der Bürgermeister und Frau Goutsidou waren da. Frau Goutsidou hat selbst ein Weingut in Dikia. Bei vielen Liedern und Gedichten in deutsch und griechisch, war der Sonnenuntergang genau der richtige Hintergrund zu der Neuanlegung eines Ketterscheberges in Ormenion/Trigono.

Nach Pflanzung gingen wir nun zu Fuß durch den Ort und immer wieder kamen Leute aus ihren Häusern um uns zu begrüßen.

Auf Einladung des Bürgermeisters gingen wir bei Archoudisatou Kambou essen. Wir verbrachten einen wunderschönen Abend mit Freunden aus dem Dorf und Umgebung. Nach dem Essen wurden wir in die griechischen Tänze eingeführt.

 

 


 

 

Tag 3 (Samstag)

Nach dem Frühstück trafen wir um 1o Uhr in Spileo ein, wo wir in den Räumen der Frauengenossenschaft heute Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen kochten.

Wir kochten von 12 kg Mehl und 12 kg Linsen, 100 Eiern für ca. 100 Personen. Wir durften die Küche der Frauengenossenschaft nutzen, wo normalerweise Essen für die älteren Bürger zubereitet und ausgeliefert wird.

Beim Kochen und Spätzlemachen schaute uns ein junger Grieche über die Schulter, der selbst eine Pizzeria in Ptelia hat. Er durfte auch Spätzle drücken und war sehr angetan von unserem „schwäbischen Nationalgericht“. – Jede von uns half fleißig mit.

Überrascht waren wir an diesem Morgen, als plötzlich ein Fernsehteam auftauchte und Frau Kley ein Interview geben musste. Anna hat dann alles ins Griechische übersetzt. Als die Kamera durch die Küche schwenkte, wurde schnell noch so manche Schürze zurecht gezupft!

Die Sendung wurde dann am Dienstagabend im griechischen Fernsehen gesendet.

Das Essen hat allen sehr gut geschmeckt. Der Bürgermeister und die Abgeordnete vom Kreis Evros bedankten sich herzlich für das Essen. Die Schürzen mit unseren Landfrauenbienen wurden den Frauen vom Frauenverein überreicht und bei griechischen Tänzen endete der Nachmittag.

Es bleibt uns noch Zeit zum Duschen und dann gingen wir zum Essen in die Pizzeria von unserem griechischen Koch. Es gab hier sage und schreibe 2 Gerichte.

Eine Pizza und einen gemischten Salat.

Doch der Laden war voll und lieferte auch nebenbei noch aus!

Schon seit unserer Ankunft begleitete uns eine Gruppe von griechischen Alt-Gemmrigheimern und Kirchheimern, die uns an diesem Abend spontan einluden. Sehr überwältigt von dieser Geste, mit der wir nicht gerechnet hatten, fand auch dieser Abend wieder fast kein Ende.

 

 



 


 



Tag 4 (Sonntag)

Heute beginnt der Tag für uns schon sehr früh.

Wir besuchten heute den 8 Uhr Gottesdienst in der Kirche des hl. St. Georg in Ormenion. Der Gottesdienst beginnt zwar um 8 Uhr, aber d.h. nicht, dass man um 8 Uhr auch da sein muss. Immer wieder, während des Gottesdienstes kamen Leute und zündeten Kerzen an. Die ganze Zeit über wird nur gesungen. Uns zu Ehren wurden das Glaubenbekenntnis und das Vaterunser von Triantafilos in Deutsch gesprochen. Nach dem Abendmahl begrüßte uns der Pfarrer noch herzlich und hieß uns in seiner Kirchengemeinde willkommen.

Um 1o.3o Uhr war der Gottesdienst zu Ende.

Gleich im Anschluss fuhren wir weiter zu der Kellerei. In dem Familienbetrieb werden pro Jahr ca. 70 to Ouzo, 250 to Tsiporo, 300 to Retsina, 120 to Rotwein und 100 to Weißwein produziert.

Gelesen wird nur 3 Tage lang mit ca. 210 Helfern. Gespritzt so gut wie gar nicht (minimal 1x pro Jahr, in schlechten Jahren höchstens 5x). Nach einer Führung gab es für uns eine kleine Weinprobe. Zum Abschluss bekam jeder von uns 2 Flaschen Wein mit auf den Weg nach Petrota, wo schon das Mittagessen auf uns wartete. Der Ortsvorsteher von Petrota und der Kulturverein empfingen uns zum Muttertag mit Blumen. Petrota liegt auf einer Anhöhe von ca. 320 m und wir hatten bei strahlendem Sonnenschein eine tolle Aussicht über Teile von Ormenion und Bulgarien.

Nach dem Essen fuhren wir noch zu der Mühle von Petrota. Dort stieß Bürgermeister Emanouil Chatzipanajiotou zu uns und lud uns spontan zu einem Kaffee in seinem Hotel ein. Seine Frau reichte dazu selbst eingelegte Quitten und Karotten. Die vielen Zwischenstopps, wo wir jedes Mal überschwänglich begrüßt wurden, verzögerten an diesem Tag alles uns so mussten wir uns nun etwas beeilen, denn die Frauen in Ptelia warten schon seit Stunden auf uns im Heimatmuseum.

Nach dem Besuch im Heimatmuseum ging es auch schon weiter zum Frauenverein von Dikia. Dort wurden wir empfangen mit Kaffee und Geschenken, die wir sofort auspacken sollten. Eine von uns hatte nämlich nicht wie alle anderen ein Tuch drin – sondern ein „Teilchen in rot“- Das Gelächter war groß! Auf den Tischen gab es Wasser und Whisky.

Wir hatten viel Spaß, mussten aber leider schon wieder aufbrechen, da uns schon das nächste Highlight erwartete. Am Abend waren wir in Ormenion eingeladen, wo ein großes Muttertagsfest der Frauengruppen aus der Umgebung stattfand. Dort feierten wir griechischen Muttertag.

Wir trafen viele alte und neue Bekannte. Männer waren hier nicht erwünscht. Bei Kartoffelsalat, Bifteki, Tomaten und Brot stärkten wir uns. Alle Mütter allen Alters tanzten anschließend bis spät in die Nacht. Müde brachte uns der Bus nach Hause.

 

 

 



 

Tag 5 (Montag)

Nach der langen Nacht, begann der Tag heute erst um 1o Uhr. Wir fuhren gleich nach dem Frühstück nach Plati zur Besichtigung der Spargelgenossenschaft. Von hier aus wird Spargel nur nach Deutschland, nach deutscher Norm, exportiert. In Griechenland wird so gut wie kein Spargel verzehrt. Das Spargelgebiet hat eine Größe von ca. 4000 ha, täglich werden 8 – 10 to Spargel nur aus dieser Anlage verarbeitet. 45 Personen arbeiten in der Fabrik, 60 – 70 Personen beim Spargelstechen auf dem Feld.

Der Spargel wird schon beim Stechen auf dem Feld mit Wasser gekühlt, so dass die Kühlkette nie unterbrochen wird. Abgepackt wir im Akkord, Bezahlung erfolgt nach Stück, 7 Tage/Woche. Der Spargel muss spätestens am vierten Tag nach der Ernte bei uns in den Läden zum Verkauf ausliegen. Die Spargel, die nicht der EU-Norm entsprechen, werden zu Schweinefutter. Das war für uns unbegreiflich.

Nach der Spargelernte werden hier Brokkoli, Eissalat, Blumenkohl und anderes Gemüse verpackt und nach Deutschland transportiert. Die Führung war sehr interessant und wir bekamen, jede mehr als 3 kg, Spargel als Abschiedsgeschenk überreicht!

Wir waren sprachlos über diese Großzügigkeit.

Nach der Spargelgenossenschaft fuhren wir weiter an den Fluss Ardas, der seinen Ursprung in Bulgarien hat. Der Fluss ist an dieser Stelle, wo wir einen Kaffee tranken mit dem Auto durchfahrbar bis zum anderen Ufer. Hier erreichte uns dann der Anruf vom Bürgermeister Emanouil Chatzipanajiotou, wir sollen warten, er würde mit einem Fernsehteam vom Regionalfernsehen bei uns vorbeischauen. Nach einem weiteren Interview mit den Landfrauen (man stelle sich mal vor: Die Landfrauen schon wieder beim Film!) ging es dann weiter nach Dilofos zum Mittagessen. Dilofos ist eine 20-Seelen-Gemeinde mit einer Wirtschaft. Es wurde Moussaka und Souflaki gereicht. Unsere Gruppe wurde hier empfangen von 3 ehemaligen Gemmrigheimern. Maria machte vor ca. 40 Jahren eine Lehre im Konsum in der Forststraße. Sie brachte ein Fotoalbum mit Bildern von früher mit. Viele Erinnerungen an ihr Leben in Gemmrigheim wurden ausgetauscht. Die Freude und der Stolz die unser Besuch bei den Leuten hier hervorrief, überwältigte uns immer wieder.

So gegen 16 Uhr brachen wir auf zur bulgarischen Grenze, wo einige von uns sich im Duty Free eine größere Tasche fürs Handgepäck kaufen mussten, da die vielen Geschenke schon unsere Koffer zu sprengen drohten. Und schon ging es wieder weiter zum Weingut von Frau Goutsidou, wo wir schon erwartet wurden. Hier wird Öko-Wein hergestellt. Gespritzt wird hier nicht. Sie führte uns durch ihre Weinberge, die viel niedriger angelegt sind als unsere und anschließend erwartete uns bei ihr zu Hause eine Weinprobe mit Käse und Schinken. Mit schwäbischen Trinksprüchen und Liedern über Frau Kratzefuß hatten wir trotz der vielen Stechmücken alle sehr viel Spaß. Auch hier gab es wieder ein Geschenk zum Abschied.

Zurück im Hotel wurden wir von einer Nachbarin überrascht, die uns noch einen selbstgebackenen Käsekuchen vorbeibrachte. Dieser wurde natürlich sofort gemeinsam verspeist. Zu später Stunde wurden die Koffer noch eingepackt und teilweise auch der vielen Geschenke wegen wieder umgepackt. Überwältigt und müde fielen wir ins Bett.

 

 



 

 

 



Tag 6 (Heimreise)

Heute war der Tag des Abschieds!

So manche von uns hatten Tränen in den Augen. Nur das Versprechen eines Gegenbesuchs auf den wir uns alle sehr freuen, konnte uns etwas trösten.

Begleitet von Maria und ihrer Freundin, fuhren wir pünktlich ab, um noch einen Zwischenstopp in Alexandropolis einzulegen. Hier trennen sich dann auch die Wege unserer letzten griechischen Begleiter. Selbst hier trafen wir aber beim Bummel an der Strandpromenade auf griechische Gemmrigheimer, die dort seit der Rente leben.

Vorbei an Kiwifeldern, Paprika, Sonnenblumen, Reisfeldern, Spargel u.v.m. erreichten wir pünktlich den Flughafen. Etwas mulmig war uns schon zumute, da unsere Koffer fast alle restlos überladen waren. Am Schalter erfuhren wir dann, dass Bürgermeister Emanouil Chatzipanajiotou schon die „übergewichtigen Damen aus Deutschland“ angekündigt hatte und so hatten wir nun mit ein paar kg mehr keine Probleme!

Pünktlich um 16.05 Uhr ging unser Flieger zurück Richtung Deutschland. Noch alle ziemlich aufgekratzt von unseren Erlebnissen und Begegnungen verging die Zeit wie im Flug. Über Deutschland bekamen wir dann auch sofort die Meldung unserer Wetterexpertin Annerose, dass es hier schlecht Wetter wäre und Blitze gesichtet worden sind, was allgemeines Gelächter hervorrief.

Die Heimfahrt vom Flughafen verlief bei strömendem Regen und Gewitter (mit Blitzen!) ansonsten ziemlich ruhig, teilweise wurden noch Gepäckstücke aus den Koffern zurückverteilt an ihre Besitzer.

Und so kamen wir müde am Bahnhof in Kirchheim an und wurden dort schon von unseren Lieben erwartet.

 

 



Ein besondere Dank gilt dem Bürgermeister Emanouil Chatzipanajiotou, Frau Chrisoula Joannidou, Triantafilos, der uns immer begleitete, den Frauengruppen aus Ormenion und Umgebung, die uns so herzlich empfangen und aufgenommen hatten, der Gruppe griechischer Alt-Gemmrigheimer und Kirchheimer, die uns in Griechenland ständig begleitete, Anna, die uns alles übersetzte, Frau Kley, die Vorsitzende der Landfrauen und Hildegard Eisenmann für die Organisation.

Die Weite des Landes, das wir besuchten, die Natur, die Gastfreundschaft und die Freude der Menschen, die wir getroffen haben und uns begleiteten, war überwältigend und sehr beeindruckend für uns und machte uns oft verlegen und sprachlos. Die vielen Erlebnisse und Eindrücke kann man gar nicht in Worte fassen. Noch lange uns sehr gerne werden wir uns an unseren Besuch, die Herzlichkeit und die Freude, die uns in unserer Partnergemeinde entgegengebracht wurde, erinnern.


Sabine Hofäcker